Erfolgreich verhandeln auf Messen und in anderen Situationen

INTERVIEW des Magazins SWISS FLOOR

Herr Klein, wenn Sie an Ihre Praxisjahre zurückdenken, kann man an Fachmessen richtige Preisverhandlungen führen oder geht es dabei doch eher um ein Kennenlernen und «Small-Talk»?

Nun, echte Verhandlungen auf Messen, d.h., solche die auf einen ernsthaften Abschluss hinsteuern, sind meist die Ausnahme. Ein erstes Abklopfen, wie preisstabil das Unternehmen sich grundsätzlich verhält, ist schon eher der Fall.

Meine Praxisjahre sind übrigens noch nicht vorbei … Nach wie vor bewege ich mich als Berater auf Messen und führe Verhandlungen. Entweder wenn wir unsere Beratungs-, Trainings- und Vortrags-Dienstleistungen vorstellen oder in meiner Eigenschaft als Vertriebsbeitrat bei meinem Geschäftspartner LOHRFINK SOFTWARE ENGINEERING

Wie prüfen Sie, ob die Frage des Messebesuchers ernst gemeint oder nur ein «Test» ist?

Wenn der Kunde fragt «Was geht da noch runter?» Sagen Sie beispielsweise: «Danke für Ihr konkretes Interesse. Ihr Gesamtinvest ist abhängig von Liefermenge und Zuschnitt. Habe ich Sie richtig verstanden, Sie möchten uns hier und heute gleich beauftragen?»
Vermutlich wird der Kunde das verneinen. Jetzt sind Sie wieder dran mit «Gut, dann nehme ich gerne die Details Ihres Projektes auf und erarbeite ein Angebot für Sie. Dazu komme ich gerne zu Ihnen ins Haus. Wann in den nächsten zwei Wochen würde es bei Ihnen gut passen?»
Mit der nun folgenden Antwort wissen Sie, wo Sie dran sind und können entsprechend reagieren.

Mit dem Kunden das “Ja” üben

Wichtig ist, dass Sie sofort Initiative zeigen und gemeinsame Maßnahmen, d.h., konkrete nächste Schritte vereinbaren. Entlocken Sie Ihren Kunden im Laufe des gesamten Verkaufsprozesses immer wieder kleine «Jas», dann fällt ihm das abschließende «Ja» nicht mehr so schwer. Er hat es ja bereits öfter mit Ihnen gemeinsam «geübt».

Viele Betriebe wünschen sich sogenannt «abschlussstarke Verkäufer». Was verstehen Sie darunter?

Der Abschluss ist kein «Augenblick», der mit netten Formulierungen herbeigezaubert werden kann. Es ist ein Prozess, ein Gesamtkunstwerk. Deshalb haben Profi-Verkäufer bereits beim Erstkontakt den Abschluss vor Augen und nicht nur den nächsten Schritt. Dann verfolgen sie konsequent, Schritt für Schritt ihr Ziel. Die Balance zwischen forschem Vorgehen und behutsamem Beziehungsaufbau ist dabei eine Herausforderung, die gemeistert werden will.

 

Erfahren Sie mehr über Vertriebserfolg auf Messen.

 

Die Ernsthaftigkeit prüfen

Es hilft allerdings alles nichts, wenn der Kunde gar nicht kaufen will. Voraussetzung ist also eine qualifizierte Anfrage. Prüfen Sie die Ernsthaftigkeit der Anfrage «Ein Angebot mache ich Ihnen gerne, das heisst, es geht um einen konkreten Bedarf, der kurzfristig beauftragt werden soll?» Die Antwort wird Ihnen wichtige Hinweise geben, ob eine grundsätzliche Chance auf Abschluss überhaupt besteht.

Wie kann ein Berater auf einer Messe erfolgreiche Preisverhandlungen führen?

Erstens: Er muss an seinen Preis glauben. Denn wenn er nicht dazu steht, wie soll es der Kunde tun? Die innere Einstellung – Ihr Mindset – ist das Fundament, auf dem gute Margen wachsen können, oder auch nicht. Blöd, wenn der Kunde sagt: «Sie sind zu teuer» und man denkt selbst «Stimmt, zu diesem Preis würde ich es auch nicht kaufen …»


Zweitens: Die meisten lassen sich vom Kunden zu früh in Preis-Diskussionen verwickeln, ohne den Kunden wirklich zu kennen. Eine gute Kenntnis der Bedürfnisse des Kunden und des Gesprächspartners ist allerdings Grundvoraussetzung, um dem Kunden den Mehrwert der angebotenen Leistungen in seiner Welt griffig visualisieren
zu können.

Drittens: Egal wie gut die Argumente sind, der Kunde wird seine Bedenken vorbringen. Deshalb ist es wichtig, sich auf Einwände wie «zu teuer!», «zu langsam», «Wettbewerb ist besser», usw. einzustellen und geschickte Antworten
darauf vorzubereiten.

Mein Tipp: Bleiben Sie standhaft und erklären Sie, warum es bei Ihnen etwas teurer sein darf. Am besten Sie notieren sich im Vorfeld einer Messe «10 gute Gründe für unsere Preise». Frei nach dem Motto: «Wenn Du gelernt hast was Du wert bist, wirst Du damit aufhören Leuten Nachlässe zu geben.»
So erreichen Sie in Verhandlungen auf Messen und in anderen Situationen profitablere Ergebnisse.

Wie kann ein Messebesucher und Kunde für sich erfolgreich eine Preisverhandlung führen?

Unterschiedliche Strategien und Taktiken führen in Verhandlungen auf Messen zum Erfolg. Hier zwei plakative Beispiele, die Sie abhängig von Ihrem Charakter oder Ihrer Denkweise einsetzen können: Entweder Sie verbinden Freundlichkeit und Bitte, oder Druck und Forderung.

Beispiel 1: Nach der Preisnennung des Verkäufers könnten Sie fragen: «Mmmhhh, ich würde gerne bei Ihnen kaufen, mein Budget liegt allerdings 10% unter Ihrem Preis. Das ist leider zu teuer. Ich könnte Sie nur berücksichtigen, wenn Sie in diese Größenordnung kommen. Geht das?»

Beispiel 2: Oder Sie wählen den harten Weg «Ihre Preisstellung ist für diese Qualität nicht marktgerecht/akzeptabel und viel zu teuer. Wenn Sie mit mir ein Geschäft machen wollen, müssen Sie schon 10% runter. Ansonsten brauchen Sie mir gar kein Angebot zu machen! Sie haben bei diesem Preis aber bestimmt Rabatte eingerechnet. Was geht noch runter?»

In vielen Fällen denken Verkäufer selbst «wir sind zu teuer!» und wenn Sie diesen «Knopf» drücken, wahren Sie Ihre Chancen auf einen besseren Preis.

An klassischen Verkaufsschulungen lernt man immer wieder, dass man nach Verhandlungen ohne Abschluss nicht einfach auseinander gehen sollte, ohne vorher das weitere konkrete Vorgehen definiert zu haben, da sonst droht, dass sich die Angelegenheit im Sand verläuft. Welche Tricks oder Taktiken können Sie uns hierzu verraten?

Bitte keine Tricks. Wir suchen langfristige, wertvolle Kundenbeziehungen und wollen niemanden austricksen. Jedes Kundengespräch sollten wir uns wie einen Fortsetzungsroman vorstellen. Im Roman steht am Ende kurz, was als nächstes geschieht und in der Fortsetzung, was zuletzt geschah. Das sollten wir uns abschauen.
Bei den meisten fehlt einfach nur die abschließende Frage, die die Fortsetzungsgeschichte einleitet, z.B. «Sehr gerne komme ich zu Ihnen und wir schauen uns anhand von Mustern die beste Variante / Verlegetechnik an. Wann in den nächsten zwei Wochen, wollen wir uns dazu zusammensetzen/treffen?»

Den Folgetermin im Blick

Es geht wie so oft um unsere Grundeinstellung und Zielsetzung. Wenn ich das Ziel verfolge einen Messebericht zu schreiben, bin ich glücklich, wenn ich das erledigt habe. Wenn ich aber zum Ziel habe, möglichst viele Folgetermine mit Potenzial nach der Messe zu generieren, dann zielt mein gesamtes Gespräch genau darauf hin – dann kann man das gar nicht vergessen.

Folgende Ausgangslage: Betritt ein Interessent einen Stand,läuft zielstrebig zu einem Parkettmuster hin und fragt den Berater:«Sie,was kostet dieses Parkett»? Wie antwortet ein souveräner Berater?

  1. «Herzlichen Dank für Ihr Interesse. Eine schöne Wahl! 
  2. Dieses hochwertige Echtholz-Parkett bekommen Sie,
  3. abhängig von der Menge und ob selbst oder durch uns verlegt,
  4. zwischen € 18.– und 12.– pro Quadratmeter.
  5. Wie viel m² brauchen Sie denn?» oder «Von wem soll es denn verlegt werden?».
    Anstatt dieser offenen Fragen, können Sie auch mit Alternativ-Fragen arbeiten: «Ist das Parkett für privaten oder geschäftlichen Einsatz gedacht?», immer abhängig von Umfeld und Zielgruppe.

In der Praxis läuft es meist anders. Viele fangen nach der Preisfrage des Kunden an, um den heißen Brei zu reden, weil sie nicht hinter ihrem Preis stehen und deshalb den Preis lieber tot-schweigen wollen. Das funktioniert natürlich nur begrenzte Zeit. Und der Kunde spürt schnell, wenn die Souveränität fehlt.

Nun, was steckt hinter der im Beispiel oben gezeigten Vorgehensweise?

  1. Wichtig ist es in diesem kritischen Moment Souveränität zu zeigen, die Beziehung aufzubauen und Offenheit zu zeigen. Der Profi freut sich über die Frage und gibt gerne Auskunft, denn die Frage nach dem Preis signalisiert ein konkretes Interesse des Kunden.
  2. Nennen Sie ein Adjektiv, das einen grundsätzlichen Vorteil beschreibt, der abhängig ist von Umfeld und Zielgruppe – in diesem Beispiel «hochwertig, Echtholz, ökologisch». Ist wie ein Schleifchen auf einem Geschenk.
  3. Viele fragen das im Vorfeld – hier nutzen wir es, um die anschließende Frage einzuleiten.
  4. Preisspanne hoch-tief – hat psychologisch eine besonders gute Wirkung
  5. Abschließend eine Frage, die uns die weitere Gesprächsführung sichert. Wer fragt, führt! Außerdem umgehen wir auf diese Weise die Frage «Was geht da noch runter?, «Welcher Rabatt ist machbar?»

Warum haben viele Messebesucher sogenannte «Schwellenangst», also Hemmungen, einen Messestand zu betreten? Was könnten die Aussteller dagegen unternehmen?

Grundsätzlich hat jeder die «Angst» einem «perfekten» Verkäufer in die Hände zu fallen, der einen hartnäckig am Stand festhält, nicht mehr loslässt und einfach nur nervt. Ein offenes Standkonzept, keine Barrieren, keine «Standwächter» – die (weil wenig Besucher am Stand sind) an der Teppichkante des Standes stehen wie Bewacher und den Eindruck vermitteln «Du kommst hier nicht rein» – sind wichtige Elemente, Blockaden abzubauen.

Sogwirkung erzeugen und die Besucher in den Stand hineinziehen

Auf der anderen Seite ist es wichtig Sogwirkung zu erzeugen. Viele stellen das attraktivste, neueste Produkt an den Rand des Standes. Besser deutlich sichtbar in der Mitte platzieren, damit interessierte sich nach innen bewegen. Einfache, lustige und interessante Gewinnspiele, spannende Video-Präsentationen in Großformat oder Aktionen wie z.B. Karikaturen-Zeichner am Stand können Besucher auf den Stand ziehen.

Vor einer erfolgreichen Verhandlung auf einer Messe steht immer eine Bedarfsermittlung. Wie agiert ein geschickter Berater dabei am besten, ohne dass sein potenzieller Kunde das Gefühl hat, er werde zum «Auskunftsfräulein»degradiert?

Ja, Bedarfsermittlung kann leicht zu einem Verhör werden. Vermeiden Sie das, indem Sie auf Antworten Ihres Kunden zuerst ein Feedback geben und dann eine Überleitung zur nächsten Frage finden. Jetzt wird es kein Verhör,
sondern ein Dialog.

Erachten Sie es als angebracht und für die Messebesucher angenehm, wenn Standpersonal außerhalb ihres Standes die Besucher ansprechen und versuchen, diese auf den Stand zu locken? Gäbe es dafür nicht bessere Instrumente und wenn ja, welche?

Hier gibt es kein Ja und kein Nein. Es kommt wie immer darauf an «wie» es gemacht wird. Gut ist, wenn man ein Tool oder einen besonderen Anreiz hat, was den Kunden einen besonderen Mehrwert bringt. Z.B. das erwähnte Gewinnspiel, und wir verteilen Loszettel dazu, erklären kurz wie es geht und fragen auf dem Weg zur Lostrommel gleich «Was ist Ihr besonderes Interesse auf der Messe?» und leite somit das Gespräch ein.

Ansonsten helfen natürlich alle Instrumente, die ein Interesse aufbauen, den Stand zu besuchen. Das fängt bei der Werbung in Fachzeitschriften und Einladungsschreiben im Vorfeld an und zieht sich weiter über die Standgestaltung und Ansprache.

Angenommen, Sie führen ein Bodenbelags-Fachgeschäft und suchen einen Berater. Zwei Bewerbungen sind top. Der eine Kandidat ist ein Verkaufsprofi, versteht jedoch nichts von den Produkten. Der andere Bewerber versteht nichts vom Verkaufen, ist jedoch in fachlicher Hinsicht absolut kompetent. Welchen Bewerber würden Sie eher einstellen und warum?

Diese Frage wird mir oft gestellt. Lassen Sie uns anschauen wie der Rekrutierungsprozess im Vertrieb grundsätzlich aussieht/aussehen sollte. Dabei gibt es 3 Kern-Auswahl-Kriterien.

  1. Fähigkeiten & Kenntnisse
    • Akquise /Neukundengewinnung
    • Argumentationstechniken
    • Gesprächsführung / Rhetorik
    • Einwandbehandlung
    • Preisverhandlung …

  2. Persönlichkeit & Verhalten
    • Souveränes Auftreten
    • Zielorientierung
    • Strategisches Denken
    • Stressresistenz
    • Durchhaltevermögen
    • Lösungsorientierung
    • Positive innere Einstellung …

  3. Motivation
    • Lust auf den Beruf und die damit zusammenhängenden Aufgaben & Herausforderungen …

 

Nun eine wichtigeFrage: “Was davon kann man lernen, was nicht?”

  • Motivation schon mal nicht.
  • Persönlichkeit kann sich mittel- bis langfristig entwicklen (wir wachsen mit unseren Aufgaben).
  • Verhalten lässt sich bedingt erlernen (ist jedoch meist mit schmerzhaften Erfahrungen verbunden).
  • Fähigkeiten & Kenntnisse sind definitiv erlernbar.

Und was passiert in der Praxis?

Vertriebsmitarbeiter werden aufgrund ihrer 1. Fähigkeiten & Kenntnisse eingestellt und mangels an 2. Persönlichkeit/Verhalten + 3. Motivation wieder dem freien Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt.

Deshalb empfehle ich meinen Kunden grundsätzlich den Verkaufsprofi (abhängig davon, was man darunter versteht) und in diesem Fall bevorzugt mit technischem Interesse. Damit haben wir in allen Branchen sehr gute Erfahrungen gemacht.
Ich sage Ihnen auch warum. Wenn ich als Verkaufsprofi (das schließt Zielorientierung ein) ein grundsätzliches technisches Interesse, also Motivation mitbringe, kann ich mir die notwendigen Kenntnisse aneignen.

Softskill vor Fachkompetenz

Softskills und Kompetenzen, wie professionellen Beziehungsaufbau, gute Gesprächsführung, zielgerichtete Fragestellung, diplomatische Rhetorik, Abschluss-Sicherheit, Verhandlungs-Kompetenz, Zielorientierung etc. kann sich ein Fachmann am Schreibtisch nur schwer aneignen (was nicht heißt, dass auch ein Fachmann diese Eigenschaften mitbringen könnte).

Mit einem guten Vertriebstraining kann man hier zwar viel erreichen, das wird allerdings im Normalfall zugunsten der Übung am «lebenden Objekt» eingespart. Wenn man die dabei verlorenen oder schlecht abgeschlossenen Geschäfte betrachtet, erscheint eine Investition in ein motivierendes und nachhaltiges Trainingskonzept plötzlich günstig.

Erfahren Sie hier mehr darüber, wie Sie Messen erfolgreich für sich nutzen.

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